Buchproduktion Seilerei Glossar
Buchproduktion Seilerei Glossar
Welches ist das richtige Seil?
Beim Fesseln mit Seil gibt es neben unterschiedlichen Techniken auch verschiedene Materialien. Darum ist die Frage „Welches Seil eignet sich für mich als Anfänger…?“ natürlich berechtigt. Ich würde die Wahl zum „richtigen“ Seil aber nicht an den Kenntnissen vom Fessler sondern nach den Bedürfnissen und dem Vorhaben der Fesselpartner entscheiden.
Die Frage nach dem wo will ich fesseln oder gefesselt werden ist genau so entscheidend, wie die körperliche Reaktion auf das zu verwendende Seil. Soll zum Beispiel im Bett gefesselt werden? So sollte das Seil keine lästigen Fasern verlieren und vielleicht auch wachbar sein. Oder wird das Seil an Orten verwendet, an denen sich die gelösten Fasern vom Seil nicht stören? Dann darf es das traditionelle Seil aus etwas kratziger Jute sein. Oder bekommt das Model durch den Seilkontakt eine Hautrötung oder noch schlimmer? Dann ist ein Leinenseil die richtige Wahl. Eine weitere Entscheidung ist die Verarbeitung der Seile. Soll das Seil gedreht oder geflochten sein? Und welche Längen und Dicken sind zu empfehlen? Im Folgenden beschreibe ich Seile aus Jute, Hanf, Leinen und aus Baumwolle.
Jute – Die traditionellen
Die Seile aus Jute bestehen aus kurzen, starren Fasern, die oft und immer wieder von Seil abstehen. Wird das Seil bewegt, so lösen sich diese Fasern aus dem Seil, fliegen durch die Luft und sammeln sich in irgend einer Ecke vom Raum, was ich nicht sehr angenehm finde. Sind die Seile aus Jute geflammt, gereinigt und gewachst, so kann das Verlieren der Fasern für eine kurze Zeit etwas reduziert aber nie ausgeschlossen werden. Seile aus Jute, die über mehrere Jahre benutzt und regelmässig gepflegt wurden, werden glatt, weich und dünner im Durchmesser. Sie haben durch die glatte Seiloberfläche kaum noch Reibung, verlieren bei Bwegung aber immer noch Fasern.
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Jutefasern werden aus der Corchorus-Pflanze, der Familie der Malvengewächse hergestellt. Damit die Jute-Faser zu Garn gesponnen werden kann, wird bei der Garn-Herstellung das sogenannte JBO verwendet. Das JBO (Jute Batch Oil) ist ein Gemisch aus Wasser und Kerosin oder etwas ähnlichem, was das Spinnen der Faden erleichtert oder erst ermöglicht. Wird für dieses Gemisch etwas Kerosin in Wasser oder etwas Wasser in Kerosin gegeben, so riecht das fertige Seil am Ende mehr oder weniger stark nach Erdöl oder Kerosin und kann die Haut entsprechend stark reizen.
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Die gedrehten Seile werden beim Konfektionieren durch eine Gasflamme gezogen, damit die abstehenden Fasern und das JBO auf der Oberfläche abgebrannt wird. Das Seil ist nun glatt, riecht aber stark nach Russ. Nun wird das Seil mit einen leicht feuchten Microfasertuch so lange gereinigt bis das Seil (Russ) nicht mehr abfärbt. Nach einigen Tagen Trockenzeit hat sich der Russ-Geruch nahezu verflüchtigt. Dieser Prozess hat zur Folge, dass sich wieder einige Fasern vom Seil abstehen. Zum Schluss werden die Thistle-Knoten an den Seilenden geknotet und dann dem Seil mit dem Pflegebalsam von Shibaku wieder etwas Nahrung gegeben. Als letzten Schritt wird die Seilmitte mit einem gewachsten Garn markiert, das Seil ausgedreht, zusammengelegt und verpackt.
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Seile aus Jute sind auch geflochten in den Farben Natur, Rot und Schwarz lieferbar. Da das Garn für die roten und die schwarzen Seile zuerst gebleicht und dann gefärbt wird, löst sich das JBO-Gemisch aus dem Garn. Durch diesen Färbeprozess wird der Garn-Durchmesser etwas variieren, da die schwarze Farbe etwas mehr und die rote Farbe etwas weniger aufträgt. Das wird vor allem bei den geflochtenen Seilen sichtbar, da die Anzahl der Fäden (+/- 16 Fäden) weniger fein abgestimmt werden kann als bei den gedrehten Seilen (+/- 3 Fäden).
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Die geflochtenen Seile werden wie die gedrehten Juteseile konfektioniert und dann an den Enden mit einen gewachsten Garn abgebunden und die Seilmitte markiert.
Leinen – Die hautfreundlichen
Seile aus Leinen-Garn bestehen aus langen, weichen Fasern, die nach einem längeren Gebrauch ein wenig von Seil abstehen können. Durch die Länge der Fasern sind sie aber fest verdreht und lösen sich selten aus dem Seil. So kann ein (gedrehtes) Leinenseil auch im Schlafzimmer verwendet werden, ohne dass es im Bett danach unangenehm pickst. Zudem ist Leinen-Garn ein sehr hautfreundliches Material, dass in den seltensten Fällen zu Problemen führt.
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Der Bestand an gebleichtem oder unbehandeltem Leinen-Garn ist aufgebraucht … Nach langem Suchen ist es uns nun gelungen ein neues, feines Leinengarn zu beziehen. Es gibt zwei Arten von Leinengarn. Ein etwas gröberes, leicht verunreinigtes Garn für Seile und ein feines für die Textilproduktion. Seit Anfang September 2023 beziehen wir ein feines, gebleichtes Leinengarn aus Italien. Dieses Garn ist etwas weisser als das bisherige und eignet sich hervorragend zum färben von Hand.
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Dieses neue Leinenseil riecht angenehm, ist fest gedreht und fühlt sich zu Beginn etwas hart und starr an. Die Seiloberfläche ist zu Beginn sehr glatt und kompakt, was etwas Erfahrung beim Biden der Knoten voraussetzt. Nach einigen Fesselungen wird das Seil aber weich und einzelne Fasern stehen ab, was die Seil-Reibung erhöht und das Binden von Knoten erleichtert.
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Seile aus Leinen-Garn besitzen durch die grosse Länge der Fasern eine etwa drei Mal so hohe Reissfestigkeit wie Seile aus Jute. Ist ein Leinenseil gedreht, so wird nur noch der Thistle-Knoten an den Seilenden gesetzt und die Seilmitte mit einem roten Garn markiert. Seile aus Leinen benötigen keine Behandlung wie das Flammen bei der Jute. Auch ein Pflegebalsam sollte nicht verwendet werden, da die Leinenseile dadurch „speckig“ werden und unschön aussehen. Ist ein Seil verschmutzt, was bei der weissen Farbe schnell passieren kann, so kann es mit einem feuchten Microfasertuch gereinigt werden. Geflochtene Leinenseile können, anders als die gedrehte Variante, auch in der Waschmaschine bei 40° gewaschen werden. Für die gedrehten Seile empfehle ich in Notfällen die Handwäsche, so auch bei einer Färbung.
Hanf – Die natürlichen
Seile aus Hanf bestehen aus langen, unbehandelten Flachs-Fasern. Durch die Länge dieser Fasern sind die Seile sehr reissfest und belastbar. Zu Beginn fühlen sich die Hanf-Seile etwas hart an, werden durch den Gebrauch aber weich. Diese Seile sind hautfreundlich und nach einigen Fesselungen angenehm auf der Haut. Die Hanf-Seile sind in der Farbe eher leicht Braun und weniger Grau als herkömmliche Hanf-Seile. Im Vergleich zu den Jute-Seilen in Natur sind sie jedoch viel heller. Der Geruch geht in Richtung Natur, je nach Empfindlichkeit der Nase ist es Heu oder Stroh oder …
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Seile aus Hanf besitzen durch die grosse Länge der unbehandelten Fasern eine etwa drei Mal so hohe Reissfestigkeit wie Seile aus Jute. Die Konfektion vom gedrehte Hanfseil besteht aus den Thistle-Knoten an den Seilenden und der markierten Seilmitte mit einem gewachsten roten Garn. Seile aus Hanf benötigen keine Behandlung wie das Flammen bei der Jute. Auch ein Pflegebalsam sollte nicht verwendet werden. Ist ein Seil verschmutzt so kann es mit einem Feuchten Microfasertuch gereinigt werden. Ein Waschen in der Maschine, wird aber bei gedrehten Seilen nicht empfohlen, da sich die einzelnen Litzen verdrehen können. Zudem wird der „Leim“, der die Fasern zusammen hält aus dem Seil gelöst was die Reissfestigkeit stark reduzieren kann. Ist ein Waschen unumgänglich, so sollte die Markierung zur Seilmitte entfernt und die Seile von Hand gewaschen werden.
Baumwolle – Die waschbaren
Oftmals gehört: „Seile aus Baumwolle sind für Anfänger!“ Für viele Fessler, die den traditionellen Weg gehen, sind Seile aus Baumwolle keine Option. Das ist teilweise verständlich. Denn geflochtene Baumwollseile sind dehnbar und ziehen sich unter Spannung so fest zusammen, dass ein Knoten nicht mehr geöffnet werden kann. Ist ein Knoten nicht auf Slip (das ist eine Schlaufe im Knoten, an der der Knoten durch Ziehen wieder geöffnet werden kann) gesetzt, so muss zum Messer oder zur Schere gegriffen und das Seil zerschnitten werden. Das Baumwollseile nur etwas für Anfänger sind, kann ich trotzdem nicht unterschreiben. Auch ich besitze Baumwollseile, die ich zum Fesseln und zum Festbinden am Bett verwende. Beim Fesselspiel im Bett sind die Anforderungen anders, als wie bei einer Suspension. Da geht es in der Regel um ein Fixieren und vielleicht auch um das Befestigen von einem Spielzeug. Auch wenn ein Seil so gelegt wird, dass das Model eine längere Zeit darauf liegt, ist das weniger Problem als bei einem anderen Seil, da das Baumwollseil weich ist. Kommt das Seil mit Körperflüssigkeit in Kontakt, so kann es einfach bei 40 Grad gewaschen werden. Wenn jedoch ein Seilabdruck, ein sogenanntes Ropemark, gewünscht ist, dann ist ein geflochtenes Seil, egal ob aus Baumwolle oder aus Leinen nicht eignet. Da entsteht maximal ein roter Strich auf der Haut.
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Die weissen Baumwollseile werden aus unbehandeltem und die farbigen Seile aus gefärbtem Garn geflochten und sind nur in der geflochtenen Machart erhältlich. Bei gedrehten Baumwoll-Seilen können sich die einzelne Litzen bei einem Knoten leicht verdrehen und das Seil unbrauchbar machen. Die Baumwollseile von Shibaku sind ohne einen Kern geflochten, wodurch sie weicher sind als mit einem Kern. Ein zugezogener Knoten kann nach einer Belastung nicht mehr gelöst und muss aufgeschnitten werden.
Die Frage nach der Machart der Seile ist individuell und von persönlichen Vorlieben bestimmt. So mag der eine die sogenannten Ropemarks, die durch die Druckstellen von gedrehten Seilen auf der Haut entstehen. Dagegen ist von einem geflochtenen Seil nach einer Fesselung nur maximal ein roter Strich zu sehen. Geflochtene Seile aus Leinengarn werden oftmals für Seilkleider verwendet, aus Baumwolle zur Fixierung im Bett, da sie problemlos bei 40 Grad gewaschen werden können und aus Jute, da der aktive Fessler bei vielen und lang dauernden Fesselungen weniger „schmerzende“ Hände hat. (Eine Aussage von einem, mit Juteseilen fesselnder Rigger).
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Geflochtene Seile aus Baumwolle sind in Weiss, Rot und Schwarz erhältlich. Seile aus Leinengarn nur in weiss und die geflochtenen Seile aus Jute sind so wie die gedrehten Seile, in Natur, Rot und Schwarz lieferbar.
Die Standard-Länge der Seile beträgt 8 Meter. Es können auch kürzere Stücke hinzu kommen oder grundsätzlich längere Seile als die Standard-Länge benutzt werden.
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Um jemanden ans Bett zu binden würde ich vier geflochtene Seile, zum Beispiel aus Baumwolle oder aus Leinen in einer Länge von 4 Meter empfehlen die auch gewaschen werden können.
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Für ein Seilkleid (Karada) empfehle ich ein geflochtenes, 12 Meter langes Seil das gewaschen werden kann. Ein 8 Meter langes Seil ist bei einer normalen Körpergrösse zu kurz und muss angesetzt werden.
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Der Durchmesser der Seile liegt zwischen 5 und 7 Millimeter. Bei grösseren Durchmessern werden die Knoten sehr massig, was auch bei grossen Models unschön aussieht. Dann lieber mehr Seil verbauen.
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Ein Seilset kann aus 3, 5 oder 7 Seilen bestehen. Für eine aufwendige Fesselung können noch weitere Seile benötigt werden.
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Ein Bergsteigerseil ist zu dick, zu schwer und zu starr. Es wird zum Bergsteigen und nicht zum Fesseln verwendet.
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Synthetische Seile sind mit Vorsicht zu verwenden und werden nicht empfohlen. Der einzige Vorteil ist, dass synthetische Seile ohne Schaden zu nehmen nass werden dürfen.
Die Frage, wie stark ein Seil belastet werden kann, bevor es reisst, ist eine komplexe Angelegenheit. Die Reissfestigkeit oder Bruchlast eines Seils, besonders wenn es aus Naturfasern gefertigt ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen die Qualität und Verarbeitung des Materials, die Art der Lagerung und das Alter des verwendeten Garns. Bei Seilen, die von Hand gedreht werden, können die Unterschiede in der Reissfestigkeit selbst zwischen Seilen derselben Art noch größer sein. Daher sollte man die Angaben zur Belastbarkeit solcher Seile mit Vorsicht behandeln. Sie bieten lediglich eine Orientierungshilfe und können bei einer Kaufentscheidung nützlich sein.
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Die Belastbarkeit eines Seiles wurde durch Tests mit einem einzelnen Seilstrang ermittelt. Dieser Wert bedeutet nicht, dass das Seil dieses Gewicht tragen kann, sondern dass das Seil bei diesem Gewicht reisst!
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Da das Seil beim Fesseln üblicherweise doppelt geführt wird, kann ein Wert von beispielsweise 80 Kilo zunächst verdoppelt werden, woraus sich 160 Kilogramm ergeben. Anschliessend sollte ein Drittel abgezogen werden, um realistische Bedingungen zu berücksichtigen. Dies führt zu einer geschätzten Belastbarkeit von etwa 106 Kilogramm für ein doppelt gelegtes Seil (80 kg x 2 Seile = 160 kg – 1/3 = 106.5 kg). Zusätzliche Belastungen, wie durch das Setzen von Knoten, Bewegungen des Models (Drehen oder Schaukeln), sowie Abnutzung und Alter des Seils, können die Belastbarkeit weiter reduzieren. Dies könnte den Wert von 106.5 Kilogramm um mehr als die Hälfte verringern, was dann eine Belastbarkeit von etwa 53 Kilo bedeutet bis es reisst. Der aus dem Reisstest ermittelte Wert für ein einzelnes Seil beträgt in diesem Beispiel 80 Kilo. Basierend darauf kann angenommen werden, dass das Seil sicher ein Gewicht von etwa 20 Kilo tragen kann, was einem Viertel des gemessenen Werts entspricht. Bei höheren Belastungen kann das Seil reissen, was zu folgenschweren Unfällen führen kann!
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Die Belastbarkeit der getesteten Seile für ein einzelnes Seil bis es Bricht
Hanf (gedreht) 174 Kilo
Jute Natur (gedreht) 98 Kilo
Jute Rot (gedreht) 115 Kilo
Jute Schwarz (gedreht) 77 Kilo
Jute Natur (geflochten) 91 Kilo
Jute Rot (geflochten) 119 Kilo
Jute Schwarz (geflochten) 81 Kilo
Leinen (gebleicht /gedreht) 229 Kilo
Leinen (gebleicht /geflochten) 258 Kilo
Polypropylen Natur (gedreht) 118 Kilo
Sisal Natur (gedreht) 147 Kilo
Baumwolle Weiss (geflochten) 123 Kilo
Baumwolle Rot (geflochten) 111 Kilo
Baumwolle Schwarz (geflochten) 90 Kilo
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Noch einmal: Bei diesen Belastungen bricht das Seil und das Model liegt am Boden!
Die Seilerei Kisling von Martin Benz gehört zu den wenigen Produktionsstätten, in denen Seile noch nach alter Tradition und mit viel körperlichem Einsatz von Hand hergestellt werden.
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Ich bin der Überzeugung, dass für eine so intime Tätigkeit wie das erotische Fesseln mit Seil auch ein hochwertiges Seil verwendet werden sollte. Für mich sollte es ein Seil sein, das bereits eine Geschichte mitbringt – handgefertigt und nicht maschinell produziert. Aus diesem Grund werden die Seile von Shibaku in einer kleinen, 100 Meter langen Seilerei in der Schweiz in aufwendiger Handarbeit hergestellt und anschließend von Shibaku fesselfertig konfektioniert. Auf diese Weise entstehen einzigartige Seile, die viele Jahre im Einsatz sind und lange Freude bereiten.
Benötigst du eine ausführliche Beratung oder hast du einen Sonderwunsch?
Sehr gerne beantworte ich deine Fragen oder sende dir ein Seilmuster zu!
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